Navigation

FRONTPAGE
 Schweiz
 Ausland
 Wirtschaft
 Gesellschaft
 Medien
 Wissen
 Computer
 Internet
 Sport
 Kultur
 Wetter

SERVICE
 Archiv
 Toplinks
 Desktopnews
 Factsletter
 Factsforward
 Dossier
 Multimedia
 Übersicht
 Tools
 Abonnement
 Bestellen
 Mediadaten

COMMUNITY
 Openchat
 VIP-Chat
 POP-Chat
 Forum
 Kontakt

PLAYSTATION
 Games
 Casino
 Tango

IMPRESSUM
 Online
 Print

RUBRIKINSERATE
 Immoclick
 Jobclick
 Autoclick
 
AUSLAND

Ehrgeiziges Duo

Bei den Wahlen in Indien greifen Mutter Sonia und Tochter Priyanka Gandhi nach der Macht.

Von Herbert Köhler

Wenn Sonia Gandhi, Spitzenkandidatin der Kongresspartei, eine wichtige Wahlkampfrede hält, steht hinter ihr meist eine junge Frau im safrangelben Sari auf dem Podium: ihre Tochter Priyanka. «Mit unserer Familie, die Indiens Geschicke über mehr als vier Jahrzehnte gelenkt hat, ist auch in Zukunft zu rechnen», macht Gandhi ihren Anhängern Mut und weckt leidenschaftliche Erinnerungen an ihre legendäre Schwiegermutter Indira und ihren Ehemann Rajiv. Und während Sonia, die gebürtige Italienerin, für die Rückkehr der Kongresspartei an die Macht kämpft, winkt Priyanka Gandhi lächelnd in die Menge.
Die 28-jährige Priyanka gilt als hoffnungsvolles politisches Talent. Viele Beobachter glauben, dass die wegen ihrer ausländischen Herkunft umstrittene Mutter nur so lange in der Politik bleibt, bis ihre Tochter genügend Erfahrungen gesammelt hat, um selbst für das Amt der Premierministerin antreten zu können.
Schon jetzt wird Priyanka Gandhi ein Charisma nachgesagt, das an Grossmutter Indira erinnert. Sie weiss, worauf es in der Öffentlichkeit ankommt: Als ein Heim des Ordens von Mutter Teresa abbrannte, erkundigte sie sich unmittelbar am Unglücksort medienwirksam nach dem Wohlbefinden der Bewohner.
Sonia Gandhi setzt voll auf die Popularität ihrer Tochter. Priyanka ist für die Kampagne im Wahlkreis ihrer Mutter verantwortlich. Hier, im ländlichen Herzen Indiens, erprobt die Kronprinzessin der indischen First Family auf eigenen Kundgebungen ihr rhetorisches Geschick. Mit Erfolg: Wenn sie mit volkstümlichen Worten um Stimmen für ihre Mutter wirbt, jubeln ihr die Massen zu. Mit Priyanka greift die vierte Generation der Nehru-Gandhis in die indische Politik ein. Begründet wurde die Dynastie von Pandit (Lehrmeister) Jawaharlal Nehru, der 1950 Premierminister wurde und in seiner 14-jährigen Regierungszeit versuchte, aus dem Agrarland Indien eine moderne Industrienation zu machen. Seine Tochter Indira, die durch ihre Ehe mit dem Parsen Feroze Gandhi zu ihrem berühmten Namen kam, setzte sich 1966 an die Spitze der Regierung. Dank ihrer volkstümlichen Art hielt sie sich – mit Unterbrechungen – fast zwei Jahrzehnte lang an der Macht, obwohl sie dem Land kaum politische Impulse zu geben vermochte. Auch Indira Gandhi sorgte dafür, dass das Regierungsamt in der Familie blieb. Ihr Lieblingssohn Sanjay allerdings kam bei einem Flugzeugabsturz ums Leben. So trat sein älterer Bruder Rajiv das politische Erbe an, als Indira Gandhi 1984 von einem Mitglied ihrer Leibwache ermordet wurde.
Nach Rajivs Tod 1991 – auch er wurde Opfer eines Attentates – schien die Ära Gandhi ihrem Ende zuzugehen. Rajivs Witwe Sonia, die schon den Eintritt ihres Mannes in die Politik nur widerwillig geduldet hatte, verweigerte sich lange jedem Versuch der führungslosen Kongresspartei, sie zur Übernahme des Vorsitzes zu überreden. Erst als der mittlerweile völlig zerstrittene Kongress im vergangenen Jahr vor einer möglicherweise vernichtenden Wahlniederlage stand, gab die «Sphinx» ihre innere Emigration auf. Heute bestimmt Sonia Gandhi unangefochten den Kurs der wohl untrennbar mit ihrer Familie verbundenen Traditionspartei. Innerparteiliche Widersacher, die ihre italienische Herkunft kritisierten und den Führungsanspruch der 52-Jährigen in Zweifel zogen, mussten den Kongress verlassen. Während sich die Kongresspartei der neuen Chefin vollkommen untergeordnet hat, steht der Nehru-Gandhi-Clan keineswegs geschlossen hinter Sonia. Maneka Gandhi zum Beispiel, die Witwe des Rajiv-Bruders Sanjay, ist zum Gegner übergelaufen. Die hindu-nationalistische Regierungspartei BJP belohnte sie dafür mit dem Amt der Umweltministerin. Auch Arun Nehru, Cousin zweiten Grades und Vertrauter Rajiv Gandhis, zählt zu Sonias Kontrahenten. Ambitionen, das Erbe ihrer berühmten Vorfahren zu übernehmen, haben jedoch beide nicht.
Bleibt die Frage, ob es wirklich Priyanka Gandhi sein wird, die das Familienbanner weitertragen wird. Denn vor wenigen Wochen ist auch ihr Bruder Rahul zum Team um Sonia Gandhi gestossen. Er hat seine Stelle bei einer Bank in London aufgegeben, um seiner Mutter während des Wahlkampfes beizustehen. Schon kocht in Delhi die Gerüchteküche, ob er seiner Schwester vorgezogen würde. Doch Rahul gilt als scheu und wenig redegewandt. Die Politik soll ihn nicht besonders interessieren. Priyanka hat von ihm wenig zu befürchten.
Die grössere Gefahr droht der Nehru-Gandhi-Dynastie vom politischen Gegner: Sollte Premier Vajpayee – wie manche Umfragen voraussagen – Sonia Gandhi bei den nächste Woche beginnenden Parlamentswahlen eine deutliche Niederlage zufügen, könnten in der Kongresspartei Forderungen nach einer programmatischen Erneuerung laut werden. Dann wäre klar, dass in Indien mit dem Namen Gandhi keine Wahlen mehr zu gewinnen sind.

 

Prognose
Krieg als Wahlhelfer

Zum dritten Mal in dreieinhalb Jahren sind die über 600 Millionen indischen Wahlberechtigten ab nächstem Sonntag aufgerufen, ein neues Parlament zu bestimmen. Kronfavorit ist der amtierende Premier Atal Bihari Vajpayee und seine hindu-nationalistische Partei BJP. In den letzten Tagen konnte Vajpayee sogar auf seinen bislang erfolgreichsten Wahlkampfschlager verzichten: Er distanzierte er sich von der Kampagne gegen Sonia Gandhi, die auf deren italienische Abstammung zielte und manchen BJP-Anhänger zu persönlichen Angriffen hingerissen hatte. «Ich missbillige Bemerkungen, die die Würde von Frau Gandhi herabsetzen», sagte er.

Stimmung schlug um
Vajpayee kann sich den Grossmut leisten. Alle Meinungsumfragen sehen ihn und seine aus 24 Parteien bestehende Nationale Demokratische Allianz vorn. Dabei schien seine Regierung nach mehreren verlustreichen Regionalwahlen und der verlorenen Vertrauensabstimmung im Parlament im April bereits am Ende. Politisch gerettet hat den Ex-Journalisten und Hobby-Lyriker der Krieg gegen Pakistan in der umstrittenen Provinz Kaschmir. Seinen Landsleuten verkaufte Vajpayee den am Verhandlungstisch erzwungenen Rückzug der Invasoren als Triumph auf dem Schlachtfeld. Der «Sieg von Kargil» wurde zum bestimmenden Thema und trieb immer neue Politiker der völlig zersplitterten indischen Parteienlandschaft in die Arme der BJP. Vajpayees Allianz darf im Unterhaus nach Auszählung der Stimmen Anfang Oktober mit einer soliden Mehrheit der 543 Sitze rechnen.

http://www.facts.ch/cgi-bin/sendtofriend.cgi?url=http://www.facts.ch/stories/a_aus.htm