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AUSLAND

Giftmischer ohne Skrupel

Für das Apartheid-Regime entwickelte er biologische und chemische Waffen. Jetzt wird Wouter Basson alias Dr. Death der Prozess gemacht.

Von Kordula Doerfler

Bis vor zwei Jahren war Wouter Bassons Welt in Ordnung. Der unauffällige Mann mit Bart lebte mit Frau und kleinem Kind in einem teuren Haus in Südafrikas Hauptstadt Pretoria. Er galt als brillanter Wissenschaftler und loyaler Offizier.
Heute heisst Wouter Basson nur noch Doctor Death.Mit seinem Namen verbindet sich ein ebenso grausames wie groteskes Kapitel des Traumes von der weissen Vorherrschaft über die schwarze Bevölkerung Südafrikas. Der 48-jährige Herzspezialist war jahrelang Leiter des vom weissen Regime streng geheim gehaltenen Programms zur chemischen Kriegsführung, genannt «Project Coast». Nebenbei soll Basson mit Drogen, Waffen und Chemikalien gehandelt und sich ein weltweites Wirtschaftsimperium aufgebaut haben. Wegen seiner kriminellen Machenschaften wird dem Doktor des Apartheid-Staates vom 4. Oktober an in Pretoria der Prozess gemacht. Die Anklage lautet auf 16fachen Mord, 11fache Anstiftung zum Mord, Betrug und Drogenhandel.
Die Anklageschrift, mehr als 300 Seiten dick, liest sich spannender als jeder Spionagethriller und führt auch in die Schweiz. In den Achtzigerjahren, als das geheime Programm gestartet wurde, war die weisse Minderheitsregierung Südafrikas weltweit isoliert und geächtet. Sie wähnte sich im totalen Krieg gegen den Kommunismus. Im eigenen Land und in den Nachbarländern Namibia, Moçambique und Angola kämpfte Südafrika mit fast allen Mitteln gegen die linken Befreiungsbewegungen – auch mit Gift.
«Ziel des Projektes war, der Armee defensive, eingeschränkt aber auch offensive Mittel im Bereich der chemischen und biologischen Kriegsführung zu verschaffen», heisst es in der Anklage. Finanziert wurde das Projekt aus geheimen Staatsgeldern. Ein Gremium aus hohen Armeemitgliedern und einem Rechnungsprüfer kontrollierte das Projekt.
Verteidigungsminister Magnus Malan erteilte 1983 dem Arzt Basson den Auftrag, mit biologischen und chemischen Waffen zu experimentieren. Das Arsenal, das die Giftmischer daraufhin unter Basson entwickelten, würde jedem James-Bond-Film Ehre machen: Es reichte von vergifteter Schokolade über Spazierstöcke mit toxischen Griffen bis hin zu verseuchten Ringen, Deos und Zigaretten.
Die Tarnung von Wouter Basson war über all die Jahre perfekt. «Er war ein guter Wissenschaftler – allerdings mit einem Hang zur Besessenheit», sagten frühere Mitarbeiter des Herzdoktors vor der Wahrheitskommission aus, die ab 1996 die Verbrechen des ApartheidRegimes untersuchte. Tatsächlich diente der Sohn eines Polizisten dem ApartheidStaat mit scheinbar unbedingter Loyalität. Schon vor dem Start des «Project Coast» hatte Basson eine steile Karriere in der Armee durchlaufen und eine berüchtigte Eliteeinheit angeführt, die in alle schmutzigen Kriege des Regimes im südlichen Afrika verwickelt war. Der frühere Geheimdienstgeneral wird mit 229 Morden in Verbindung gebracht – darunter die an 200 Gefangenen der früheren namibischen Befreiungsbewegung Swapo, die systematisch vergiftet wurden. Auf prominente Anti-Apartheid-Kämpfer wie den Pfarrer Frank Chikane oder den heutigen Minister Dullah Omar wurden Attentate verübt.
Angeblich wollte Basson die Bevölkerung in der besonders unruhigen Provinz Ostkap mit Cholera infizieren. Sein Lebenstraum war jedoch ein Gift, das die schwarze Bevölkerung hätte unfruchtbar machen sollen. In den Labors wurden später in grossem Stil synthetische Drogen wie Mandrax und Ecstasy hergestellt, mit denen man gewalttätige Demonstranten ruhig stellen wollte. Bassons Interesse galt nicht nur der Wissenschaft. Er sorgte auch für sein eigenes Auskommen – offenbar ohne dass Armeeführung und Regierung Verdacht schöpften. Um seinerzeit etwa 22,5 Millionen Franken soll Basson seine Dienstherren mit Hilfe eines ausgeklügelten Systems von Scheinfirmen, Mittelsmännern und Nummernkonten in aller Welt betrogen haben.
Über den US-Anwalt David Webster gründete Basson 1986 die WPW-Gruppe, die Tochterfirmen in der Schweiz, den USA, Luxemburg und England errichtete. WPW besass nicht nur Häuser und Konten in aller Welt, sondern auch Privatflugzeuge und einen Golfplatz in Belgien. Nur durch Zufall fiel Basson 1993 der südafrikanischen Drogenfahndung in die Hände. In flagranti wurde er in Pretoria beim Verkauf von Mandrax-Tabletten im Wert von 18 000 Franken erwischt. Die Drogenfahndung hatte zuerst keine Ahnung, welchen Fang sie gemacht hatte. Auch die südafrikanische Öffentlichkeit erfuhr erst im vergangenen Jahr in einer Sonderanhörung der Wahrheitskommission vom «Project Coast».
Auf Journalisten, die sich mit dem Fall befassen, reagiert auch die heutige Regierung allergisch. Der Schweizer Journalist Jean-Philippe Ceppi etwa wurde im März während Recherchen auf Geheiss des Geheimdienstes vorübergehend verhaftet.
Auch nach dem Machtwechsel in Südafrika haben die Regierenden wenig Interesse daran, dass Basson Geheimnisse ausplaudert oder gar verkauft: Nach Angaben seines Exchefs Niels Knobel lagern in Tresoren 13 CD-ROMs mit allen Daten des Projektes.
Um den Todfeind von einst ruhig zu stellen, hat der heute regierende African National Congress (ANC) den Giftdoktor in seine Dienste genommen. Wouter Basson praktiziert als Herzspezialist in einem Militärspital in Pretoria und ist noch immer Mitglied der südafrikanischen Ärztevereinigung.

 

Basson-Firmen
Gut getarnt

Wouter Basson wickelte seine dubiosen Geschäfte über ein Geflecht von Tarnfirmen ab. 1986 kaufte er laut südafrikanischer Staatsanwaltschaft die drei auf den karibischen Cayman-Inseln registrierten Gesellschaften WPW Investments, Medchem und PCM International. Bis 1992 erwarb Basson über die WPW-Gruppe Anteile an Firmen in der Schweiz und den USA, in England, Luxemburg und auf Cayman. Über die Bankkonten der WPW-Gruppe soll Basson Geld der südafrikanischen Regierung ohne deren Wissen gewaschen und in die eigene Tasche gewirtschaftet haben.

Schweizer Ableger
An der Schweizer Medchem Forschungs AG in Allschwil BL besass Basson eine Mehrheitsbeteiligung. Offiziell wurde die Firma vom Pharmazeuten Dr. David Chu geleitet. Firmenzweck: Auftragsforschung. Laut südafrikanischen Ermittlern soll Medchem dem Geheimdienst als Tarnorganisation zur Beschaffung von Chemikalien und Apparaturen für biologische und chemische Waffen gedient haben. Basson soll über die Medchem 500 000 Franken auf seine Privatkonten abgezweigt haben.

Kontakte
Dr. Death und die Schweiz

Der Prozess vom 4. Oktober gegen den südafrikanischen Brigadegeneral Wouter Basson vor dem Pretoria High Court wirft seine Schatten bis in die Schweiz. «Wir werden das Verfahren am Kap mit grossem Interesse verfolgen», sagt SVP-Ständerat Bernhard Seiler. Seiler führt als Präsident der parlamentarischen Geschäftsprüfungsdelegation die Untersuchungen über die Beziehungen des Schweizer Nachrichtendienstes zum Apartheid-Regime. Im Mittelpunkt der dubiosen Kontakte steht der gleiche Mann, dem in Südafrika wegen 16fachen Mordes der Prozess gemacht wird: Wouter Basson.

Mehrere Treffen
Bassons erste Spur in die Schweiz führt zu Peter Regli, dem suspendierten Chef des Schweizer Nachrichtendienstes. Geknüpft hatte die Verbindung Jürg Jacomet, ein ehemaliger Schweizer Nachrichtenoffizier und Waffenhändler mit zwielichtigen Kontakten. Dank seiner Vermittlung sollen sich Basson und Regli mehrere Male in der Schweiz und in Südafrika getroffen haben.Eine weitere Fährte verliert sich im AC-Labor in Spiez BE. Basson behauptet, er habe vom AC-Labor einen Peptidsynthesizer – ein Gerät zur Herstellung von Eiweissketten – für 2,5 Millionen Franken gekauft. Das AC-Labor bestreitet, dem Giftmischer etwas verkauft zu haben. Die südafrikanischen Ermittler wittern in dem Fall ein Scheingeschäft zur Veruntreuung von Steuergeldern, zumal das Geld auf verschiedenen Schweizer Bankkonten versickert sein soll.