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AUSLAND

Männerlogik

Alle 26 Sekunden wird in Südafrika eine Frau vergewaltigt. Ein TV-Spot machte auf die traurige Bilanz aufmerksam – und wurde verboten.

Von Corinna Schuler

Ich werde oft gefragt, wie die Männer in Südafrika seien», gurrt Charlize Theron, Südafrikas gefragtester Hollywood-Export, und schaut mit grossen Augen in die Fernsehkamera. Dann liest der temperamentvolle Star («The Devil’s Advocate») ihren Landsmännern die Leviten: Sie klagt in einem TV-Spot, «echte» Männer würden nicht tatenlos zusehen, wenn alle 26 Sekunden eine Frau vergewaltigt wird – wie in Südafrika.
Der Spot gehört zu einer Anti-Vergewaltigungs-Kampagne, die in Südafrika für hellen Aufruhr sorgt. Sogar die Werbe-Aufsichtskommission hat eingegriffen und die weitere Ausstrahlung verboten.
Empörte Frauenorganisationen protestieren vehement gegen das Verbot und fragen, weshalb man sich mehr über die Spots aufregt als über die erschreckende Zahl von Vergewaltigungen. In den Radio- und Fernseh-Spots weist Charlize Theron darauf hin, dass in Südafrika mehr Frauen vergewaltigt werden als in jedem anderen Land.
«Das Schlimmste ist», sagt Theron, «dass die Männer offenbar der Meinung sind, Vergewaltigung sei nicht ihr Problem.» Dann macht sie eine Pause und blickt traurig in die Kamera: «Es ist nicht einfach zu sagen, wie die Männer in Südafrika sind – weil es dort offenbar so wenige Männer gibt.» Während sie das sagt, wird ein Slogan eingeblendet: «Echte Männer vergewaltigen nicht.» Der Werbespot hat sein Ziel erreicht: Das ganze Land diskutiert über Vergewaltigung. Und stellt sich unbequeme Fragen: Sollen unbescholtene Männer für ihre Gleichgültigkeit verurteilt werden? Was sollten sie tun, um die Gewalt gegen Frauen zu stoppen?
Für viele waren Therons harte Bemerkungen bitter nötig, um Südafrika aufzurütteln. Vergewaltigung wird oft als Macho-Verhalten betrachtet, dem die Polizei wenig Bedeutung beimisst und von dem Richter häufig glauben, dass es keine harte Strafe verdient. Letzte Woche hat ein Richter einen Mann wegen Vergewaltigung der eigenen Tochter zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt. Ein härteres Urteil sei nicht nötig, sagte er, weil der Verurteilte bloss eine Gefahr für seine Familie darstelle – und nicht für die Gesellschaft.
Laut einer Studie unter 1500 Studierenden in Südafrikas schwarzen Townships betrachten 25 Prozent der jungen Männer zwischen 12 und 22 Gruppenvergewaltigung als einen «Spass». Weitere 16 Prozent sagten, das sei «cool».
«Männer dulden Vergewaltigungen stillschweigend, wenn sie sich gleichgültig verhalten», sagt Carol Bower vom Rape Crisis Center in Kapstadt, einem Beratungszentrum für Vergewaltigungsopfer. «Wo sind denn die Männer, die eine Vergewaltigung ernst nehmen?», fragt sie. «Sie schliessen sich weder in Scharen meiner Gruppe an, noch protestieren sie gegen milde Strafen für Vergewaltiger.»
Im Gegenteil. Viele Männer beklagten sich sogar, dass sie im Spot «verleumdet», «beleidigt» oder «ungerechterweise als Vergewaltiger betitelt» würden. «Ich war wirklich ausser mir – vor allem weil Charlize Theron die Spots gemacht hat», liess sich Dries Rall, ein Ingenieur aus Johannesburg, verlauten. «Sie sitzt dort in Hollywood, kommt kurz nach Hause und kritisiert uns. Ich bin ein südafrikanischer Mann, und ich bin kein Vergewaltiger. Ich will nicht mit denen in einen Topf geworfen werden.» Er sammelte 28 Unterschriften für einen Beschwerdebrief. Den faxte er an die südafrikanische Werbe-Aufsichtskommission. Mit Erfolg: Letzte Woche erfuhr er, dass die Spots nicht mehr gesendet werden dürfen.
Beschwerden über Frauen verachtende Werbung dagegen – etwa jene einer Hamburger-Kette, die Frauenbrüste mit Burger-Brötchen vergleicht – sind in der Vergangenheit jeweils abgelehnt worden. Nun aber ist die Werbe-Aufsichtskommission (fünf Männer und zwei Frauen) zum Schluss gekommen, dass Therons Aussagen die Männer diskriminiere. «Sie schaffen ein negatives Klischee über alle südafrikanischen Männer», sagt Deline Beukes, Direktor der Kommission. «Sie vermitteln den Eindruck, dass alle Männer entweder Vergewaltiger sind oder Vergewaltigung dulden.»
Das Sendeverbot für den Spot wirft noch grössere Wellen als der Spot selbst. Es führte zu Schlagzeilen in allen wichtigen Medien und wurde vom Institut für freie Meinungsäusserung in Johannesburg scharf kritisiert. Das Rape Crisis Center in Kapstadt, das den Spot in Auftrag gegeben hat, kritisiert in einem offenen Brief die Mitglieder der Werbe-Aufsichtskommission: «Sie verstehen nicht, worum es eigentlich geht. In Südafrika gibt es so viele Vergewaltigungen, weil so wenige Männer das Problem überhaupt ernst nehmen.» Das Center wird dabei auch von der Werbeagentur unterstützt, die den Spot gratis produziert hat. «Erst wenn unbescholtene Männer die Täter ächten, wird sich etwas ändern», sagt Ross Chowles von der Agentur Jupiter Drawing Room.
Wenigstens einen positiven Effekt hatte das Verdikt der Werbe-Aufsichtskommission für das Rape Crisis Center. Zum ersten Mal rufen nun auch Männer bei der Beratungsstelle an und wollen Geld spenden oder ihre professionellen Dienste anbieten.

 

Höchste Kriminalitätsrate
Vergewaltigung

Die neuste Statistik von Interpol ist eindeutig: Südafrika ist nicht einzig bei Vergewaltigungen das Land mit der höchsten Kriminalitätsrate der Welt. Es hat Kolumbien, das in den vergangenen Jahren den zweifelhaften Rekord innehatte, vom ersten Rang verdrängt.

Mord
23 741 Morde und 28 084 Mordversuche gab es letztes Jahr in Südafrika. Das Risiko, ermordet zu werden, ist damit dreimal grösser, als bei einem Verkehrsunfall zu sterben. Alle zwei Minuten wird eingebrochen, alle fünf Minuten ein Auto gestohlen. Justiz und Polizei sind überfordert, die Gefängnisse sind überfüllt.